Zen – das ist tägliche Praxis von Zazen 

(Anleitungsvideo der SOTOSHU für Zazen üben zuhause) https://youtu.be/n_vQVnlgJOI

 

                                        T. Deshimaru Roshi in der Zazenhaltung

 

Dieses Shikantaza ist die ausschliessliche Praxis des Zen, wie ich sie von meinem ersten Lehrer und Mönchsordinationlehrer Missen Michel Bovay ( verst. 2009) gelernt habe.

Die Praxis von Shikantaza wird von meinem zweiten Lehrer Shohaku Okumura durch drei Elemente charakterisiert:

1) Das Studium des Sinns von Zazen im Kontext der Lehren Buddhas.

2) Das Weglassen anderer Aktivitäten und Formalitäten ( ohne Spielzeug) zugunsten des Focus auf Zazen.

3) Die Bedeutung Zazens finden und im modernen Alltagsleben verwirklichen.

 

 

Den Buddhaweg ergründen heißt sich selbst ergründen (Dem Buddhaweg folgen heißt sich selbst folgen/Den Buddhaweg gehen, heißt selbst gehen).

Sich selbst ergründen (sich selbst folgen/selbst gehen) heißt sich selbst vergessen.

Sich selbst vergessen heißt von den zehntausend Dingen bezeugt werden.

Von den zehntausend Dingen bezeugt werden heißt Körper und Geist von sich selbst und den anderen fallen lassen.

aus Meister Dogens Genjokoan

 

Wir suchen nicht ausserhalb von uns nach etwas “Erhabenen”, sondern wir finden alles, was es braucht, in unserem gewöhnlichen Geist/Wesen. Es ist sinnlos zu warten, dass endlich die Süssigkeiten vom Himmel fallen.

Zen zielt immer auf das totale, intuitive und konzentrierte Handeln im gegenwärtigen Augenblick. Dadurch entsteht die Einheit mit Körper und Geist, und nicht nur das, sondern mit allen Wesen und dem Universum gleichzeitig. Dieses Leben ist keine erdachte Idealvorstellung, sondern eine sehr konzentrative Übung, die sich in unseren täglichen Handlungen und Begegnungen manifestiert. Es geht nicht darum, zuerst die Welt um uns herum zu ändern, sondern die Welt verwirktlicht sich in ihrer ganzen Fülle und Unendlichkeit in uns.

 

Dieses Shikantaza, das Sitzen in Stille, bedeutet eine echte Revolution. Den Blick nach innen wenden, aufhören vor den Dingen wegzulaufen oder ihnen nachzurennen, nicht bewegen, konzentriert, aufmerksam und wach – mit jeder Zelle des Körpers. Wir hören auf nach aussen zu schauen, was die anderen machen und denken, sondern beginnen unser Leben endlich selber zu “schöpfen”, wie Kodo Sawaki sagt. Dieses nur “eine und endliche Leben” ist jetzt nicht mehr fad und grau, zögerlich, sondern erhält Stabilität und Kraft und eine Richtung. Aber nicht nur das; durch die Zazenpraxis erwacht die Intuition und Kreativität, unser Leben wird frei und frisch, unser Sorgen und Ängste treten zurück! Da unser Leben mit allem verbunden ist, wirkt sich unsere neue Art, im Einklang mit uns und dem Anderen zu leben unmittelbar positiv auf unsere Mitmenschen und letztlich den ganzen Kosmos aus.

Zazengi    (das elfte Kapitel des Shōbōgenzō. von Dogen Zenji)

 “Für Zazen ist ein stiller Ort geeignet. Breite eine dicke Sitzmatte aus. Vor Wind und Wetter geschützt, sollte kein Tau und Regen eindringen. Halte diesen Ort sauber und ordentlich. Es gibt Spuren aus früheren Zeiten, als auf Diamanten und Felsen gesessen wurde. Dabei saß man stets auf dick ausgebreitetem Gras. Der Ort zum Sitzen sollte hell sein, dunkel weder während des Tages noch in der Nacht. Dass er im Winter warm und im Sommer kühl ist, gehört zur Kunst dazu. Löse dich aus allen Bindungen, lasse die zehntausend Angelegenheiten ruhen. Denke nicht an gut und böse. Es geht weder um Geist noch um Bewusstsein, weder um Gedanken noch um Anschauungen. Versuche nicht einen Buddha aus dir zu machen, lass Sitzen und Liegen fallen. Halte Maß beim Essen und Trinken, nutze den Tag wie die Nacht. Übe Zazen so als wolltest du ein Feuer auf deinem Haupt auslöschen. Der fünfte Patriarch auf dem Berg Ôbai (Huang-mei) widmete sich Zazen als seiner einzigen Aufgabe, er kannte kein anderes Geschäft.

Trage das äußere Mönchsgewand (Kashāya) während Zazen und sitze auf einem Kissen. Lege das Kissen nicht unter das ganze Gesäß, sondern lass es zur Hälfte nach hinten herausragen. Auf diese Weise befindet sich die Matte unter den Füßen und das Kissen unter dem Rückgrat. Dies ist die Art und Weise, auf die die Buddhas und Patriarchen beim Zazen sitzen. Sitze entweder im halben Lotussitz oder im vollen Lotussitz. Beim vollen Lotussitz lege den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel und dann den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel. Die Fußspitzen liegen dabei in einer Linie mit dem Oberschenkel, sie sollten nicht darüber hinausragen. Beim halben Lotussitz lege einfach den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel. Trage das innere und äußere Gewand locker und ordentlich. Lege die rechte Hand auf den linken Fuß und die linke Hand auf die rechte Hand. Die Spitzen der beiden Daumen sind gegeneinander gestützt. Plaziere die beiden Hände auf diese Weise nahe am Körper. Die sich berührenden Daumenspitzen sollten dem Nabel gegenüber liegen.

Sitze gerade, in der richtigen Haltung. Sitze nicht nach links oder rechts ge krümmt, vornüber gebeugt oder zurückgelehnt. Ohren und Schultern sollten stets in einer Linie sein, während die Nase dem Nabel gegenüberliegt. Die Zunge sollte am Gaumen anliegen. Atme durch die Nase. Halte Lippen und Zähne geschlossen. Halte die Augen geöffnet, weder zu weit und noch zu schmal. Sind Körper und Geist auf diese Weise eingestimmt, dann atme einmal tief durch den Mund aus. Sitze reglos wie ein mächtiger Berg in Konzentration und denke auf dem Grund des Nicht-Denkens. Wie denkt man auf dem Grund des Nicht-Denkens? Lass die Gedanken los! Dies macht die Kunst des Zazen aus. Zazen bedeutet nicht, etwas von Meditation zu lernen – es ist das Tor des großen Friedens und Glücks der Lehre. Es ist unbeflecktes Üben und Erweisen.”

 …unterbrochen von Kinhin –

                                                             “Stand up and walk on the great earth” T.Deshimaru

Zenmönch Eddie Eisai beim Kinhin

Man geht langsam im Rhythmus des eigenen Atmens, würdevoll aufgespannt zwischen Himmer und Erde, Schwer- und Fliehkraft, Schritt für Schritt, Atemzug für Atemzug, geradeaus, ohne zu zögern, ohne Umwege zu machen, ohne herumzublicken, ohne Ziel…

Kinhin, das ist auch eine Methaper für das Handeln im Alltag. Mit aller Energie und Überzeugung, konzentriert auf die Atmung, auf das Hara, einen Handlungsschritt tun, und dann einfach den nächsten, und wieder den nächsten…

Begehe ich einen Irrtum, ok…scheisse, und die nächste Handlung beginnt mit der nächsten Ausatmung,…

 

M.Bejart (Balletmeister):”Kinhin! Das ist die einzige, wahre Art zu gehen”