Hachi dainin gaku 3

Eröffnungsbemerkungen von Meister Dogen

“All die verschiedenen Buddhas sind außergewöhnliche Menschen.
Es gibt acht Realisierungen oder Qualitäten, deren sich diese außergewöhnlichen Menschen gewahr werden und deswegen werden sie als die acht Qualitäten eines großen Menschen bezeichnet. Sich dieser Dharmas bewusst zu werden, wird zur Ursache für (das Betreten von) Nirvana. Am Abend, als er ins Nirvana eintrat, war dies die letzte Lehre und das Testament unseres ersten Lehrers, Shakyamuni Buddha.

Wenn wir nicht ständig tiefer in den Buddhadharma eintauchen, eine Schaufel nach der anderen, werden wir aus Brauch oder Gewohnheit nur noch dümmer oder seniler. Wie auch immer, das Ausgraben einer Schaufel ist keine leichte Aufgabe.” Dogen Zenji

Kommentar von Gyoriki: Gerade für Eltern und Pädagogen sollte das Ziel sein, den Kindern einen Sinn im Leben zu vermitteln und ihnen zu ermöglichen, ein wahrer Erwachsener zu werden.
Stattdessen tun sie meist das Gegenteil, sie leben ihren Kindern, das Leben eines Gakis vor, eines hungrigen Geists. Was tut ein Gaki, der sich mitten in der Hölle des menschlichen Lebens befindet? In der Hölle sieht man die Gakis mit zwei Metern langen Löffeln sitzen und kann beobachten, wie sie versuchen, die kostbarsten und leckersten Speisen in sich hinein zu schaufeln. Sie schreien dabei vor Hunger, weil es ihnen mit den langen Löffeln einfach nicht gelingen mag, etwas Nahrung zuzuführen. Schaut man dagegen zur gleichen Zeit in den Himmel, so sieht man dort die Engel vor den gleichen herrlichen Speisen und ebenfalls mit 2m langen Löffeln ausgerüstet sitzen und kann dabei beobachten, wie sie sich voller Genuss gegenseitig füttern.

Letzteres wäre also sinnvoll den Kindern beizubringen und vieles anderes mehr. Ihnen beibringen, dass es ein grosses Geschenk ist, als Mensch geboren zu werden. Das es ein Privileg ist, in einem der reichsten Länder der Erde zu leben. Dass das Leben von der Natur vom Kosmos geschenkt wird, die Sonne, die Erde, alle Tiere und Pflanzen und Lebewesen, dazu beitragen, dass das Leben überhaupt möglich ist. Dass sich Pflanzen und Tiere für uns opfern, damit wir Nahrung zu uns nehmen können.

Was wir aber tun ist, ihnen zum Geburtstag mit vielen Geschenken zu gratulieren, statt das geschenkte Geschenk des Lebens zu würdigen. Wir gratulieren Ihnen zu guten Noten, zum Schulabschluss, zur Hochzeit, zur Beförderung, zur höheren Gehaltsstufe, ohne zu wissen, ob das alles Ihnen oder anderen auch wirklich gut tun wird.

Letztens auf einem Fest: Ein siebenjähriges Kind möchte von einem anderen Kind 2 CHF Ausleihgebühr für ein Spielauto. Die Reaktion der Eltern darauf: “Ist er nicht herzig, der X. ist immer so fasziniert von Geld, er hat letztens schon Zinsen für geliehenes Geld verlangt, und wenn er etwas gebaut hat, dann verlangt er Eintritt von uns, wenn wir es sehen wollen. “Hehehe, ist es nicht herzig!” So auch bei diesem Fest, die eingeladenen Kinder malen etwas zusammen, dann wollen sie uns erklären, was sie da gemalt haben. Dafür sollen wir Eintritt zahlen. Die Mutter verteilt uns Spielgeld, damit wir Eintritt zahlen können.

Die Grundidee war ja nicht schlecht, die Kinder, die sich wenig kennen, malten und machten etwas Kreatives gemeinsam. Aber was letztlich daraus wurde, ist: Wir machen etwas gemeinsam, um Geld zu verdienen.

Wir wundern uns, dass Kinder heute das Material nicht würdigen, die Spielsachen kaputt machen, immer mehr Dinge fordern, anstatt sorgsam und dankbar zu sein.

Als Mensch haben wir die grosse Chance, mehr als alle Lebewesen diese wunderbare Welt zu schützen und positiv zu verändern. Stattdessen lehren wir den Kindern, sie zu zerstören, sie nicht wert zu schätzen, sie zu nutzen.

Der Dichter Du Fu schrieb im 8 Jhdt:

Das Reich ist zerstört, aber die Flüsse und Berge leben weiter.

Der japanische Dichter Sakai drehte die Zeilen zu einem zeitgemässen Satz um: Die Flüsse und Berge sind zerstört, der Staat lebt weiter.

Man sagt, dass es auf der Erde zwischen 10 und 30 Millionen Arten von Organismen gibt und schätzt, dass die Hälfte schon verschwunden und ausgerottet wurde.

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„Alles ist vergänglich!“ lehrt der Buddhismus, das Prinzip der Impermanence ist einer der unumstösslichen buddhistischen Pfeiler. In der Tat! Und somit besteht genau deswegen Anlass, sich behutsam fortzubewegen und möglichst wenig Schaden an zu richten.

B. Wilcox schrieb dazu: „Der Tod ist das eine, aber das Ende der Geburten ist etwas ganz anderes.“

G.Snyder schrieb: “Unser derzeitiges Problem – und unser Kampf – ist der mit uns selbst. Es wäre anmassend zu glauben, Mutter Erde sei auf unsere Gebete und heilende Kräfte angewiesen.
Die Menschen selbst sind in Gefahr und das nicht nur Sinne eines Überlebens der Zivilisation, sondern grundlegender, auf der Ebene von Herz und Seele. Wir verstehen unsere eigene Natur nicht,und sind uns nicht im Klaren darüber, was es heisst Mensch zu sein.”

Das, was jede Schnecke, jede Blume, jeder Vogel, jeder Einzeller weiss, haben wir verloren. Im Haichi Dainin gaku meditiert Meister Dogen darüber, was es heisst, Mensch zu sein.

K. Sawaki redete oft vom Normalzustand in Zazen und von der kosmischen Ordnung, die wir durch die Zenpraxis kennenlernen, verstehen und befolgen können.

Doch diese Begriffe stehen nicht für ein neues humanistisches Konzept, im Gegenteil. ‚Normal werden‘ ist im Sinne von ‘wahrer Mensch sein’, die ‘Natürlichkeit des Menschen’, von ‘Buddha Natur’, der ‘Natur’, ja eigentlich sogar ‘der Wildnis’ zu verstehen.

So gut wie alle Menschen heute leben in der Stadt, sind kultiviert und zivilisiert und, wenn man bei wenigen genauer hinschaut, sind Wohlstandsverwahrloste und Lebensuntüchtige.

G.Snyder schreibt: “Wir können jedoch wieder zurück in die Wälder streunen. Man verlässt die sichere, langweilige Komfortwohnung, um sich auf etwas einzulassen, sich in eine archetypische Wildnis zu begeben, die gefährlich und bedrohlich ist, voller Bestien und feindseliger Fremder. Diese Art der Begegnung mit dem Anderen – sowohl dem Inneren wie dem Äusseren – setzt voraus, dass man Komfort und Sicherheit aufgibt, Kälte und Hunger akzeptiert und bereit ist, alles mögliche zu verzehren. Möglicherweise sieht man sein Haus nie wieder. Einsamkeit ist unser Brot. Deine Knochen mögen eines Tages im Schlamm eines Flussufers hervorkommen. Das alles garantiert Freiheit, Entwicklung und Erlösung. Ungebunden. Erlöst. Verrückt für eine Weile. Es bricht Tabus, fördert die Grenzüberschreitung, lehrt Demut. Das Herausgehen – das Fasten – für sich allein singen – das Sprechen über die Grenzen der Spezies hinweg, beten – Dank sagen – und zurückkommen.”

Nicht anders ist ein Rohatsu machen, es verlangt, den anderen wie sich selbst anzunehmen und die Trennungslinie zu überwinden – nicht eins werden, nicht die Vermischung der Dinge, sondern Gleichheit und Unterschied sorgsam zu bewahren. Das kann bedeuten, dass man den

Anderen, sein Haus, seine Umgebung so wahrnimmt, wie zum ersten Mal. Anfängergeist nennt man das im Zen.
Wenn wir durch ein Rohatsu in der unendlichen Zazenhaltung eingepresst sind, dass wir das Gefühl haben, ohne Ausweg in Schmerz und Dasein gefangen zu sein, beginnt die wahre Praxis.

Das ist, was wir unseren Kindern statt Konsum beibringen sollten. Wir sollten ihnen die Normalität der Wildnis nahebringen, die kosmische Ordnung lehren, in der Dankbarkeit, Genug haben, Gemeinwohl, die Tugend und das Glück der maximalen Anstrengungung für etwas Sinnvolles und Lebendiges lehren. “Lerne! Lerne mehr! Streng dich an!”, ist nicht das, was ich meinte, weil sie nicht wissen, warum sie es tun sollen, sie wissen nicht, was der Sinn dafür ist. Sie lernen nur, wenn ich das tue, werde ich gelobt und kriege Süßes. Wir leben ihnen den Aktionismus vor, das schneller und schneller und mehr. Wir leben Ihnen das Leben in absurden digitalen Welten vor. Wir leben Ihnen vor, dass man um das alles auszuhalten und angenehmer zu machen Medikamente und Drogen zur Verfügung stehen. Diese nicht mehr natürliche Lebensweise, dieses abgekoppelt sein von der kosmischen Ordnung führt

Dazu, dass, je nach Schätzung, 10-15% der Kinder eine ADHS/ASS Diagnose haben, psychische Erkrankungen und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen erreichen jedes Jahr einen neuen Höchststand, Gewaltbereitschaft, Vandalismus und Kriminalität immer höhere Quoten. Die Kinder und Jugendlichen haben ihre ureigene Natur noch nicht gefunden, lass uns ihnen helfen.

Warum hast du mich geboren für das?, schrie ich als Jugendlicher einmal meine Mutter an. Vielleicht habt ihr, die dies liest, dies auch einmal getan oder zumindest gedacht. Viele Eltern haben es von ihren Kindern gehört, hoffe ich zumindest, denn dann besteht noch Hoffnung. Denn diese Kinder haben recht: Bin ich geboren worden, um in diesem egoistischen, selbstzerstörerischen System mitzuwirken.

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Als ich ein Kind war, hatte ich das Glück, etwas ungewöhnlicher aufzuwachsen als andere Kinder. Meine Eltern waren aus der Kriegskindergeneration, ihre Religion, wie bei den Meisten in den 50er/60er Jahren, der Wohlstand. Ganz besonders für meinen Vater, der als Allein-Bauernhof Erbe nicht aufs Gymnasium gehen durfte, weil ein Bauer einen Handwerksberuf braucht, so meinte zumindest sein Vater. Er lernte Schlosser bei Krupp und schuftete sich nach der Arbeit in Abendschulen zum Ingenieur. Das alles tat er natürlich für uns, für eine bessere Zukunft. Wir waren zunächst sehr arm, weil das wenige Geld in Weiterbildung investiert wurde. Wir sahen ihn selten, denn Karriere ging vor. (Zum Hohn ging der grosse Bauernhof irgendwann bankrott).

Und da war meine Mutter, die einen Auswärtigen geheiratet hatte, um endlich aus der Armut und Eintönigkeit des Dorflebens herauszukommen. Doch erstens blieben wir zunächst arm, zum zweiten war sie einsam in der Stadt, sah ihren Mann nicht und war bei schlechter psychischer und physischer Gesundheit. Und dann war ich noch da. Zunächst sehr brav und angepasst, zumindest nach aussen, aber mehr und mehr wild. Zuhause war es nicht lustig, draussen in der Natur schon, auch wenn diese Natur ziemlich übel dran war. Der Stadtteil, in dem ich lebte, hiess „Rote Erde“. Wie schön, denkt man vielleicht, doch der Boden bestand aus in Jahrzehnten zuvor abgelagerten roten Schlacke der Schwerindustrie. Die Eltern warnten uns, in der umgebenden Natur spielen zu gehen, wahrscheinlich zu Recht. Der Bach und die Gebüsche, in die wir ausbüxten, stanken fürchterlich nach irgendetwas Chemischen und Fauligem. Doch zog es einige von uns magisch an. Hier waren wir frei und fühlten uns ganz. Als Snack stibitzen wir das alte Brot, das die Menschen für die Vögel auf die Mauer legten.

Mit sechs zogen wir in eine grössere Wohnung in einen etwas besseren Stadtteil, aber immer noch Arbeiterviertel. Die Gesundheit meiner Mutter verschlechterte sich, mein Vater machte Karriere. Mehr und mehr durfte ich jetzt zu meinen Grosseltern aufs Land, die sich liebevoll um mich kümmerten. Hier waren die Bäche sauber und der Wald ganz nah. Natürlich war aber auch das nicht, denn die Belgier und Franzosen hatten den Wald als Reparationszahlung nach Kriegsende abgeholzt, doch für mich war er das Paradies, mein Traumland. Je älter ich wurde, desto weiter zog ich meine Kreise um das grosselterliche Dorf. Da ich nicht hier zur Schule ging und nur für ein paar Wochen da war, war ich meistens alleine.

Unser Auto wurde mit der Zeit besser, die Kleidung auch, die Nahrungsmittel teurer, die Wohnungseinrichtung nobler, die Ferien exklusiver, meine Freunde und ich wilder, auch in der Stadt suchten wir die wilden Orte auf: aufgelassene Industriehallen, die durch den Wildwuchs immer mystischer wurden, ein alter Steinbruch, der eine illegale Müllhalde war. Man musste aufpassen, denn neben den rivalisierenden Kinderbanden, der verschiedenen Strassen, – wir bekämpften uns nach zivilisierten Regeln, zumeist mit Blasrohren und getrockneten Erbsen, gab es eine Gang aus dem Gebiet am Rande des Stadtteils, das man Obdachlosensiedlung nannte. Es war sehr trostlos in einem Industriegebiet gelegen. Diese Kinder waren anders, sie gingen nicht in unsere Schule, sie waren immer zu viert oder fünft unterwegs und wer nicht aufpasste und ihnen in die Fänge geriet, wurde gnadenlos gequält und verprügelt. Deshalb schauten wir, dass wir immer mindestens zu zweit unterwegs waren und wenn sie in Sicht waren, gab es nur Flucht. Ich war oft alleine unterwegs, da ich viel Freiheit hatte und großen Bewegungsdrang. Einmal beim Spielen am Molchteich geriet ich in ihre Fänge, ein traumatisierendes Erlebnis.

Für uns, geprägt durch die Bücher von Winnetou und Lederstrumpf, war klar, die stadtnahe Wildnis war Freund und Feind zugleich, deshalb bewaffneten wir uns und pirschten unglaublich wachsam durch die ruderale Wildnis, bauten geheime Verstecke und Wege. Im Gegensatz war der Wald bei meinen Grosseltern weniger gefährlich, aber auch hier pirschte ich, wie im Buch Lederstrumpf gelesen, “fast” geräuschlos durch den Wald, baute eine hütte, zu der ich eine Quelle umleitete und versuchte mit selbstgebautem Pfeil und Bogen zu jagen, doch zum Glück gelang mir die Jagd nie. Das scharfe Beil als Grundwerkzeug und alte gebrauchte Nägel, klaute ich meinem Grossvater, der mir dies streng verboten hatte, aber ich bin sicher er wusste, was ich trieb, denn er sagte nie etwas, ausser die immer wiederkehrende Ermahnung. Ich denke, er sagte dies, um meine Grossmutter zu beruhigen, die sich immer sorgte.
Mein Grossvater war mithin die wichtigste Person in meinem Leben, er war lieb und sanft zu mir, er konnte mir nicht böse sein. Ich bewunderte ihn, er war Postbote und ab und an durfte ich mit auf seine Tour durchs Dorf. Er war eigentlich gelernter Holzschnitzer, wurde aber im Krieg von einer Handgranate sehr schwer verletzt, sodass er nicht mehr schnitzen konnte. Seine Lebensgeschichte ist für mich eine Heldengeschichte und beeindruckt mich bis heute. Ich erzähle sie ein andermal.
Bis zum 10ten Lebensjahr ging es gut weiter, ich war wohl, trotz der schwierigen häuslichen Situation. Meine Mutter wurde immer gebrechlicher, sie hatte eine Krankheit, wo in den Extremitäten die Arterien vor allem die Kapillare absterben, so dass ganz langsam die Blutversorgung aufhörte, was zur Folge hatte, dass die Extremitäten Enden absterben (“abfaulten”). Das alles war wohl unglaublich schmerzhaft, wie sie mir später sagte. Doch von dem wusste ich wenig, meine Eltern versuchten, mich da rauszuhalten. Wie ich später erfuhr, wurde sie morphiumsüchtig, das wiederum schlug sich auf ihre labile Psyche und sie wurde psychotisch. Für mich war sie einfach manchmal sehr seltsam und anstrengend und wenn mein Vater da war, stritten sie hauptsächlich. Ich schämte mich mehr und mehr für meine anstrengende Eltern und flüchtete nach Draussen. Trotzdem taten sie, dass weiss ich heute sehr gut, was sie konnten, damit es mir gut ging und dafür bin ich Ihnen unendlich dankbar. Und ich tat im Gegenzug wenig, um sie zu entlasten, ich war damit beschäftigt, meine Bedürfnisse zu befriedigen (Spielen, Wildnis).
Mit dem 10ten Lebensjahr änderte sich nun alles. Ich war nicht dumm und obwohl ich wegen meines Bewegungsdrangs auch in der Schule, die Diagnose “Zappelphilipp”, heute ADHS, bekam, wurde beschlossen mich aufs Gymnasium zuschicken. Dies gegen meinen Willen, denn die meisten anderen bildungsfernen Familien beließen es maximal auf einen Realschulbesuch. So gingen meine Freunde auf Haupt- und Realschule und ich aufs Gymnasium, denn ich sollte es ja besser haben. Nun war es so, dass in unserer Stadt ganz klar aufgeteilt war, wo arm und reich wohnten und da wo die Reichen wohnten, gab es die Gymnasien. Das heißt, ich musste mit dem Bus 50 Minuten ins Reichenviertel zum Gymnasium fahren.
Alles hier war für mich ein Schock, das Gymnasium war, ein humanistisches Gymnasium, dass sehr viel Wert auf seine guten Ruf hielt. Hier wurde Bildung noch hochgehalten. Die wenigen bildungsfernen Kinder, die hier zur Schule gingen, ich war der einzige meines Jahrgangs, aus dem Stadtteil, aus dem ich kam, unterschieden sich schon durch die Kleidung. Wir waren nicht mehr arm zuhause, aber trotzdem wurden Hosen und Pullover mit ledernen Aufnähern geflickt, die Kleidung zu gross gekauft oder als “Hochwasserhose/-pullover” getragen, bis man sie nicht mehr an kriegte, eigentlich sehr löblich und mit einer hohen Ökobilanz.

Das sah natürlich bei den Kindern der Besserverdienenden, wir nannten sie Reiche, anders aus. Samstagabend fuhren wir übrigens meistens, eines der wenigen Rituale, die wir hatten, auf einen Ausflug mit dem Auto. Wenn es dunkel wurde, fuhren wir langsam durch die Reichenviertel und schauten in die schön beleuchteten Häuser und träumten davon, auch einmal so zu wohnen. Wir spielten dann das Spiel, welches Haus wir kaufen würden, wenn wir im Lotto gewinnen würden. Und Lotto spielte mein Vater natürlich fleissig.

Jeder konnte also sehen, wer wir waren. Schlimmer war aber die Arroganz einiger Lehrpersonen. Wir waren bildungsfern und viel Wissen, die auf einem Gymnasium der damaligen Zeit vorausgesetzt wurden, brachten wir einfach nicht mit und konnten uns auch nicht aneignen. Am schlimmsten war es für mich in Deutsch, wo die klassische Literatur und ihre Autoren quasi vorausgesetzt wurden und wir bloßgestellt wurden, wenn man nicht wusste, dass dies Schiller oder Goethe geschrieben hatte und das Fach Musik, in das es mir nie gelang einzusteigen, weil die anderen, spielten fast alle eine Instrument, dies alles schon wussten.

Meine Noten waren schlecht, Lernen tat ich nicht, Hausaufgaben machte ich nicht, meine Eltern konnten mir oft auch nicht helfen. Mehr und mehr Migräne lähmte mich, ich wurde fülliger, weil ich meinen Frust durch Schokoladen Essen dämpfte. Ich wurde der Klassenclown, frech, in der gr. Pause schlich ich in den nahen Supermarkt und klaute dort Süssigkeiten, die ich dann grosszügig verteilte. Wenn ich gegen 14 Uhr todmüde nach Hause kam, stopfte ich mir Schokolade rein und lag erstmal depressiv herum. Meine Welt war zusammengebrochen und ich wusste nicht mehr weiter. In der 7. Klasse blieb ich sitzen, es wurde noch schlimmer. Nach und nach verlor ich den Kontakt zu meinen alten Freunden aus der Grundschulzeit. Neue gab es wenig und sie waren ja alle 50 Minuten Busfahrt entfernt. Ich las viel Jugendbücher, in denen es ja meist um das Ausbrechen ging, um ein Segelflugzeug zu bauen, um Abenteuer in der Clique und um Indianer. In dieser Welt lebte ich, und ausbrechen und Einheit fand ich nur, wenn ich wieder bei meinen Großeltern leben durfte. Meine Eltern berieten, ob sie mich ins Internat bringen sollten; zu Hausaufgaben und Lernen, versuchte man mich mit Prügel und Nachhilfe zu bringen. Nichts half, ich verweigerte mich….

“Warum hast du mich in diese Scheisswelt geboren?!”, frug ich meine Mutter wütend. Tief in mir spürte ich, dass dies nicht die “wahre” Welt war in der ich lebte, doch war mein Selbstbewusstsein nur so gross, Widerstand zu leisten, einen Gegenentwurf hatte ich nicht. Der Sinn fehlte!

Niemand konnte ihn mir zu diesem Zeitpunkt geben. Ich ahnte nur etwas. Auch weil ich inzwischen einen anderen ganz wichtigen Menschen kennengelernt hatte. Einen Pfarrer mit Namen H.Woopen, der bei uns am Gymnasium Religionslehrer war und die wöchentliche Schulmesse las.

In der Schulmesse, die in dieser Zeit noch für alle katholischen Kinder verpflichtend war, predigte er über seine Erfahrungen als Bergsteiger in den Alpen, von seinen Schwierigkeiten unter extremen und existentiellen Bedingungen. Er redete über Natur- und Gotteserfahrung! Das war etwas, was mich interessierte! Faszinierend für mich, so dass ich an seinen Lippen hin und mich auf jede Schulmesse freute. Auch im Unterricht verhielt er sich anders, er übte keinerlei Autorität aus und hielt aus, wenn wir Jungs ihn in der Klasse ignorierten und blödelten. Stattdessen lächelte er uns milde und mitfühlend an, auch wenn mal eine ganze Stunde kein Unterricht stattfand. Später erfuhr ich, dass er der einzige war, der sich bei Lehrerkonferenzen, die mein undiszipliniertes Verhalten zum Thema hatten, für mich einsetzte. Ahnte er etwas über mein “Grundsatzleiden”?

Diese Person schaffte es, dass ich freiwillig mit Eltern und Grosseltern auch Samstag oder Sonntag in die Messe ging. Da war etwas Grosses, Tröstliches und Unfassbares.

Was ist unser Lebensziel, was ist unser Lebenssinn, dass ist die Aufgabe eines Erwachsenen, sich das klar zu machen. Wie Okumura Roshi immer sagt: You must face the question? Thats all!
Für uns buddhistisch inspirierten Menschen und den Weg Übenden ist unser Ziel in den 3 Boddhisattva Gelübden formuliert. Wir übergeben uns dem Buddhaweg, geloben und praktizieren.

“Leben durch Gelübde”, so heißt das Buch von S. Okumura. Wenn wir sie rezitieren, erheben wir uns über das begrenzte Leben. Trotzdem werden wir immer gewöhnliche Menschen bleiben und Teil dieser Gesellschaft und dennoch kann die Menschheit durch die buddhist. Praxis, neue Ziele und Motivationen bekommen und selber zum Normalzustand, zur eigenen Wildheit zurückkehren.


Intuition oder…?

Letzthin hatte ich wieder einmal den ganzen Vormittag und Mittag am Laptop gearbeitet, um meine Website, www.staerkestattmacht.ch, die ich für meine Selbstständigkeit erstelle, zu kreieren. Da alles neu ist, Website erstellen und meine Selbstständigkeit als Berater, Coach, Supervisor konzipieren, bin ich voll in der Kopfarbeit. Vieles ist verwirrend und aufregend.

Ich beschloss am Nachmittag eine kleine Wanderung zu machen, um den Kopf frei zu kriegen. Ich wählte die steile Variante zu Beginn nach ganz oben auf den Wolfsacker, in der Hoffnung, dass mich die Anstrengung, aus dem Samsara leiten würde. Ich wusste aus meiner langjährigen Erfahrung, das beständige Loslassen und die Konzentration auf meinen Körper, würde mich irgendwann aus meinem Sorgen-Karussell herausführen. Doch die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt wollte sich nicht sogleich einstellen, ich wählte deshalb eine neue Variante, einen Weg, den ich erst einmal gelaufen war. Doch auch diese Maßnahme brachte mich nicht aus den Gedankenwolken heraus. Ich lief und dachte und lief und dachte. …

Plötzlich schaute ich unvermittelt auf den Boden links von mir. Ein riesiger Spitzmorchel stand da. Spitzmorchel, eine der leckersten Speisepilze, sind hier in der Gegend äußerst selten. So dachte ich zumindest bisher, denn in den letzten 25 Jahren, seit ich im Schwarzwald Pilze suche, fand ich vielleicht eine Handvoll. Beglückt und erfreut beugte ich mich, um ihn zu bestaunen und zu pflücken. Und! Daneben stand noch einer und noch einer und…ich war auf eine Morchel Mine gestoßen, wie ich sie noch nie erlebt hatte. 1,5 kg waren es am Ende.

Wie passiert so etwas? Man sagt, die Pilze rufen einen. Wahrscheinlich ist dies die Intuition, die unbewusst abläuft, auch wenn unser Denken sich mal wieder voll und ganz mit sich selbst beschäftigt. Für mich ist klar, auch wenn

dies nicht beweisbar ist, dass die Praxis von Zazen zu einer verstärkten Intuition führt. Diese These wird von vielen Aussagen der alten Meister belegt.

Was auch immer, ich fühlte mich als “Glückspilz”, meine Gedanken waren nun im steinzeitlichen “Jagd und Sammlermodus”, was sehr angenehm war. Auf einen Schlag waren meine Sorgen verschwunden.
Seit meiner Kindheit fühle ich mich in diesem Modus gut und wohl, so entkam ich als Kind immer kurzfristig meinen Problemen. Vorbilder wie Lederstrumpf und ähnliche Idole taten ihre Wirkung. Ich erinnere mich, dass ich in Socken durch den Wald lief, um keine Geräusche zu machen und hoffte mit meinem selbstgebastelten Bogen, ein Tier zu erlegen, was mir aber Gott sei Dank nie gelang. So eins und wach wie als Kind im Wald, werde ich nie mehr, da gibt es kein zurück. Aber ich freue mich diebisch darauf, dass ich, wenn ich Sanko-ji mit dem grossen Grundstück verkauft habe, wieder Zeit habe, in der Natur herum zu streifen, um Pflanzen und Tiere zu “jagen” und meine Sinne zu schärfen und meine Wachheit und meine Intuition mehr zu leben.


Haichi Dainin Gaku 2

Eröffnungsbemerkungen von Meister Dogen

“ All die verschiedenen Buddhas sind außergewöhnliche Menschen.
Es gibt acht Realisierungen oder Qualitäten, deren sich diese außergewöhnlichen Menschen gewahr werden und deswegen werden sie als die acht Qualitäten eines großen Menschen bezeichnet. Sich dieser Dharmas bewusst zu werden, wird zur Ursache für (das Betreten von) Nirvana. Am Abend, als er ins Nirvana eintrat, war dies die letzte Lehre und das Testament unseres ersten Lehrers, Shakyamuni Buddha.

Wenn wir nicht ständig tiefer in den Buddhadharma eintauchen, eine Schaufel nach der anderen, werden wir aus Brauch oder Gewohnheit nur noch dümmer oder seniler. Wie auch immer, das Ausgraben einer Schaufel ist keine leichte Aufgabe.” Dogen

Wir leben in einem Zeitalter, in dem Wohlstand der höchste Wert ist! Dies kann logischerweise nicht ewig weitergehen. Denn die Ressourcen sind beschränkt, die Menschen zahlreich. Verteilungskämpfe werden sich verstärken.

Kosho Uchiyma Roshi sagte: “Ein Zeitalter, wo “Ich will das jetzt!” der höchste Wert ist, ist aus Sicht der wahren Menschlichkeit, prähistorisch.”

Ich denke wir wissen alle, was Uchiyma meint, doch, wie neueste Forschungen der Steinzeit belegen, wäre eine prähistorisches Menschenbild für unsere Welt lange nicht so fatal, wie unser industrie-gesellschaftliches und kapitalistisches Bild der Ausbeutung und des Imperialismus.
In dem Buch mit dem Titel “Anfänge”, fassen David Graeber, der bedeutendste Anthropologe unserer Zeit, und David Wengrow, einer der führenden Archäologen, den aktuellen Stand der Forschung zusammen und entfalten in ihrer großen Menschheitsgeschichte, wie sich die Anfänge unserer Zivilisation mit der Zukunft der Menschheit neu denken und verbinden lässt. Im Gegensatz zum stereotypen Klischee des Steinzeitmenschen waren diese prähistorischen Gesellschaften meist basisdemokratisch und gleichberechtigt aufgebaut, sie kamen ohne Staatsmacht und “Führer” aus und versuchten ressourcenorientiert im Einklang mit der Natur zu leben, obwohl diese Ressourcen gar nicht bedroht wurden. Nun sind die Ressourcen bedroht und wir wollen nur eins “Wohlstand”.

Der wichtigste Punkt ist, dass unsere Kultur weltweit den “Wohlstand” als den höchsten Wert auserkoren hat. Wohlstand ist der neue “Gott”. Die verschiedenen existierenden gesellschaftlichen Konzepte, wie Kapitalismus, Demokratie, Sozialismus, Kommunismus, Liberalismus, Fridays for Future, Wokeness, etc. werden daran nichts ändern, wenn sie nicht einsehen, dass sie die Idee des Wohlstands loslassen müssen.

Schauen wir uns um, dann sehen wir überall gut gekleidete Menschen, die gestylt sind, die sich mit Superfood ernähren und mithilfe von Sport und Meditation fit und gesund halten. Neben dem Wohlstand ist Wohlbefinden noch eine weitere “Götze” unserer Zeit.

Auch die meisten Kritiker unserer Gesellschaft, wie zum Beispiel die Klimaaktivisten, orientieren sich dennoch an diesen Werten. Doch dies ist paradox.

Wie können wir dieses Paradoxon lösen?

Albert Einstein sagte einmal:

“Man kann die Probleme des Menschen nicht mit dem Denken lösen, mit denen sie geschaffen wurden.”

Seit hunderten von Jahren orientieren wir uns, dank der alten westlichen Traditionen, an der Prämisse: Es muss nützlich für den Menschen sein, denn er ist das höchste Wesen! Ist das so?
Im Buddhismus nennt man diese Welt, die Welt der hungrigen Geister. Und Buddha zeigte den Weg heraus aus dieser Welt und schuf das Bild des grossen und wahren oder aussergewöhnlichen Menschen, der dies schafft.

Die Welt des Dainin, des wahren Erwachsenen, sollte jetzt beginnen. Wir brauchen wieder eine Periode wahrer Menschlichkeit, eine Welt in der sich die Menschen nicht um das streiten und kämpfen, was Ihnen von den Reichen und Mächtigen zum Frass/Konsum vorgeworfen wird. Die, die nichts abkriegen, jammern herum und klagen, weil sie das Opfer sind und würden doch so gerne, um das streiten und kämpfen, was die Stärkeren ihnen weggenommen haben und streben danach, möglichst bald Täter zu werden. Es ist nie genug!

Was ist ein aussergewöhnlicher Mensch?

In unserer Kultur ist das meistens ein Mensch mit besonderen Talenten oder hoher Intelligenz.
Die gängigen Idole und Vorbilder unserer Zeit haben zum grossen Teil ihre Berechtigung. Ein Musiker, der wunderschöne Musik kreiert, die den Menschen etwas gibt, ist unbestritten etwas Schönes und Heilsames. Ein Schauspieler, ein herausragender Sportler, ein grosser Denker oder Wissenschaftler kann sehr inspirierend sein.

In den Medien werden ständig solche aussergewöhnlichen Menschen um ihre Meinung, um ihren Rat gefragt. Die sogenannten Experten geben ihre Expertise ab und das kann hilfreich sein. Wenn Künstler oder Sportler beispielsweise zu politischen Themen befragt werden, ist das allerdings schon ein bisschen seltsam.

Diese Wissenschaftler, mit aussergewöhnlicher Intelligenz gesegnet, haben mit ihren Fähigkeiten zu grossen Erkenntnissen geführt, die von Menschen mit ungewöhnlicher Tatkraft umgesetzt wurden. Wir machen Fortschritte unbestritten!

Doch was den einzelnen Menschen bestimmt, ist: “Jetzt verdiene ich 1000€, wow, jetzt verdiene ich 5000 €; jetzt bin ich Angestellter, oh, jetzt bin ich auch Chef, ich habe dieses Hobby, ich Reise dorthin und kann mir das leisten, ich bin achtsam, deswegen.., ich bin gut, ich bin berühmt, ich bin wichtig und mächtig, ich spende und bin Wohltäter.

Doch diese Art von Werten ist nicht gut durchdacht. Denn egal wie weit ich auf der Karriereleiter gestiegen bin, es sind immer gleich viele Sprossen vor mir. Genauso ist es mit dem Geld, es ist nie genug.

Folgt man jedoch der Lehre und Praxis des Buddha, gibt es kein mehr kriegen oder höher steigen und mächtiger werden – im Gegenteil.
Der Kern Buddha Shakyamunis Lehre war von Anfang an, das Heranwachsen und Handeln als wirklich aussergewöhnlicher Mensch, als “echter Erwachsener”. Und wie kommt man dahin?

Dazu müssen wir Jiko – das grosse Selbst kennenlernen. Meister Dogen sagte im Genjokoan den berühmten Satz: “Den Buddhaweg studieren und praktizieren ist Jiko – das eine grosse Selbst studieren und praktizieren.” Man wächst einfach zu einem wahren Menschen, der Jiko – “Einselbst” verwirklicht hat.

Oft wurde dieser Satz, etwas unglücklich übersetzt oder interpretiert. Manchmal liest man so etwas wie. “Den Buddhaweg studieren, ist sich selbst zu studieren.” Viele interpretieren dieses “ sich selbst studieren” dann in die Richtung von: Ich muss mich mit mir befassen. Ich muss mich mit mir selbst aussereinandersetzen. Ich muss mich, wie in einer Psychotherapie, bearbeiten und kennenlernen. Doch Dogen meint tatsächlich “Jiko” zu studieren und zu praktizieren – das eine, allumfassende Selbst.
Denn du kannst nie etwas anderes werden als dieses selbst so wie du bist. Es gibt nichts ausserhalb zu erreichen.

Wenn wir dann irgendwann sagen können, unsere Gesellschaft ist gereift, ist zu einer erwachsenen Gesellschaft von geworden, dann können wir zum ersten Mal sagen, das wirklich Fortschritte gemacht wurden.


Haichi Dainin Gaku 1

In den nächsten Wochen werde ich das Shobogenzo Kapitel Haichi Dainin Gaku aus dem Englischen ins Deutsche übersetzen und in den Kontext des Lebens im 21 Jhdt.setzen. Ich benutzte dazu die neue, wundervoll editierte 10 bändige Shobogenzo-Ausgabe der Soto Shu, die 2023 massgeblich unter der Leitung von Shohaku Okumura Roshi ins Englische übersetzt und neu zusammengestellt wurde. Diesen Monat fange ich mit der Erläuterung der Eröffnungs-Bemerkungen Meister Dogens an. Ich stütze meine Erläuterungen auf das, was ich von den Lehrern meiner Linie gehört und gelesen habe, allen voran: Shohaku Okumura, Kosho Uchiyama und Kodo Sawaki. Ich bin kein Japanologe oder Gelehrter, deshalb macht es für mich keinen Sinn, die Kanji oder Ausdrücke, die Dogen verwandte, neu zu erklären oder interpretieren. Jeder kann diesen Text einzig aus seiner Praxis heraus verstehen und in Beziehung zu seinem karmischen Leben, das er gelebt hat, setzen. So gelingt es mir hoffentlich, das Dharma ein bisschen tiefer und auf jeden Fall etwas anders auszudrücken als jemals zuvor. Dies ist keine leichte Aufgabe, trotzdem ist es das, was jeder Lehrer des Zen verpflichtet ist zu tun. Ganz im Sinne von Meister Katagiris “ Du musst was sagen!”, ist jeder Dharmalehrer verpflichtet sein Bestes zu tun, das Dharma für den Interessierten zu erhellen.

Warum ist es keine leichte Aufgabe, das Dharma zu kommentieren und damit an die Öffentlichkeit zu gehen? Meiner Meinung nach sind die meisten Menschen heute nicht sehr clever, sie lassen sich von dem täuschen, was gerade hip ist und was gerade die vermeintlich Erfolgreichen, die Influencer oder Promis von sich geben. Kein Wunder, redet alle Welt von Fake-News und fällt auch noch darauf herein. Die “Cleveren” schreiben, wenn man diesen Begriff auf ihre smarte Art reduziert, Ruhm und Geld zu häufen, also das, was clicks generiert. Dieses wird dann wiederum von der verdummten Mehrheit mit einem “Gefällt mir” kommentiert. Interessanterweise haben sie gar nichts davon, wenn sie es, ohne ihr Hirn einzuschalten, “liken”. Der andere, der Influencer, verdient mit seinem täglichen Gelaber und Gehabe viel Geld, weil die Follower vollkommen blind (verblendet) ein großes Aufheben darum machen. Falls du dich angesprochen fühlst: Du verlierst dabei völlig aus den Augen, dass du dein eigenes Leben leben solltest. Die einzige Person, die dein Leben leben kann, bist nämlich du. Das ist für alle gleich. Die gesamte Menschheit aller Zeiten, insbesondere der Gegenwart und Zukunft, wohnt in dir. So drückt es die Lehre des Buddhas aus. Repräsentative Umfragen berichten dagegen unisono, dass viele Menschen “etwas” suchen und wissen doch nicht recht, wonach sie suchen. Sie berichten von innerem Unbehagen und Unruhe. Etwas fehlt anscheinend und wir alle brauchen Hilfe! Die Zeiten der Entscheidung sind offensichtlich angebrochen. Unser Umgang mit der Natur, mit anderen Menschen und damit auch mit uns selbst ist aus dem Ruder gelaufen. der Psychotherapeut A. Batthyany beschreibt das als: “Da ist eine Sinnlosigkeit, eine Entfremdung, eine Orientierungslosigkeit und der Eindruck in einem nicht enden wollenden Wettlauf gefangen zu sein, aus dem es kein Entrinnen – und bei dem es seltsamerweise zugleich auch kein eigentliches Ziel – zu geben scheint. Immer mehr Menschen klagen daher auch, dass unsere moderne Konsumgesellschaft zu einem recht harschen Umgang miteinander, mit uns selbst und mit der Natur geführt hat.” Wir haben uns eine Kultur geschaffen, in der schon im Kindergarten der Idealismus und die Freude am “sinnlosen” Spiel und Tun viel zu häufig den ökonomischen Grundprinzipien nachgibt. Die Folge: Mitten in unserem extraorbitanten Überfluss verkümmern wir, der Mangel an Sinn, an innerer Erfüllung, an echter Gemeinschaft, an Geborgenheit in sich selbst fehlt. Daraus resultieren bei feinfühligen Menschen Ängstlichkeit, Nervosität, Erschöpfung und vieles mehr. So langsam begreifen einige Menschen, dass langsam eine Zeit des inneren Wandels und Wiederaufbau beginnt. Denn die Krise offenbart uns blinde Flecken auf unserer Landkarte, unerfüllte Sehnsüchte nach einem geistig erfüllten Dasein werden wieder wach, so A. Batthyany. Und er fährt fort zu erläutern, dass uns Ressourcen sichtbar werden, die uns durch herausfordernde Zeiten tragen können, wie etwa die schützende Kraft des Miteinanders, das Heilsame einer ausgewogenen Balance, zw. Arbeit, Familie und Freizeit, das Stärkende, was daraus erwächst, uns aus unserem Trott zu befreien, die reifende Bereitschaft, Verantwortung anzunehmen, die wir für uns und andere haben. Die Krise wird zur Chance inneren Wachstums, doch der Wunsch nach Wandel reicht nicht aus. Wir brauchen Werkzeuge des inneren und äusseren Wandels, die uns helfen, innerlich zu wachsen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu verwirklichen. Unzählige Tools werden heutzutage auf dem Markt des “ persönlichen Change-Mangements” angeboten, viele davon werden von weisen Menschen überprüft, viele aber auch nur erfunden, um Geld auf diesem Markt des Wunsches nach Veränderung zu verdienen. Diese Scharlatane nutzen auch dies aus, um sich zu bereichern, sie kriegen den Hals nicht voll. Es ist also Vorsicht geboten und hier könnte es nützlich sein, sich auf einen uralten, verifizierten Buddhaweg zu begeben. Doch dieser braucht sehr viel Mut und ist manchmal sehr seltsam für einen modernen “homo oeconomicus”.

Zwar beschreibt Kodo Sawaki Roshi, das von Dogen erläuterte Zazen als yusui – sehr tiefgreifend, subtil und tiefgründig. Aber was ist denn genau an Zazen so subtil oder tiefgreifend und tiefgründig? Warum ist es so wichtig für die Gesellschaft, dass jeder sein eigenes Leben in Verbindung mit allen Wesen lebt? Das kann ich nur sehr schlecht in Worte fassen. Wie soll ich dies jungen Praktizierenden gut erklären, damit sie verstehen, wie wichtig für sie und diese Menschenwelt die Zazenpraxis ist? Wie kann man ohne Talent und ohne Ruhm- und Geld-Sucht ein Influencer werden, der wirklich den verblendeten Menschen etwas Tieferes und Hilfreiches wie Zazen vermittelt? Soll ich mit Hilfe der sozialen Medien mit all ihren Gadgets das Dharma verkünden? Beispielsweise mit Hilfe von kurzen Tiktok Videos die junge Zuhörerschaft ansprechen? Erreiche ich dann diejenigen, die dumm und wie in Trance stundenlang Infos und Bilder mit dämlichen Botschaften konsumieren, ohne je ins nachdenken zu kommen, wirklich? Kann man die überhaupt erreichen, ins Nachdenken über die doch so wichtige Frage: Was ist denn mein Leben? bringen, oder ist das einfach “Perlen vor die Säue werfen”? Auf der anderen Seite, wenn ich mich mit viel Aufwand und Einsatz in sozialen Netzwerken für das Buddhadharma engagiere, laufe ich dann nicht Gefahr, bekannt zu werden, Kommentare beantworten zu müssen, aufgefordert zu werden, mehr zu produzieren, mit “Gefällt mir” hundertfach bombardiert zu werden? Hält es mich dann nicht davon ab, tiefgründig über das Dharma nachzudenken, oder gar weniger Zazen zu praktizieren? Verfalle ich nicht sogar dem Ruhm? Vor genau so etwas warnen die alten Patriarchen und warnt auch Buddha Shakyamuni in seinem letzten Vermächtnis, dem “Hachi Dainin gaku”. Und auf der anderen Seite werden zunehmend Menschen echte und weise Hilfestellungen benötigen.

Warum sollte man das “Hachi dainin gaku” als eines der wichtigsten Texte des Shobogenzo lesen und studieren? Am Ende des Originaltextes des Hachi Dainin gakus gibt es einen Kommentar von Dogens Schüler Ejo, der lautet: „Dies waren unseres großen Lehrers Shakyamuni Buddhas letzte Lehren sowie das letzte Vermächtnis meines Lehrers Dogens“. Am Anfang dieses Epilogs schrieb Dogen an dem Abend, als er selbst ins Nirvana eintrat: “Dies war die letzte Lehre und das Testament unseres ersten Lehrers Shakyamuni Buddha.” Es war Dogens letzte Unterweisung. In der Regel formuliert man im Angesicht des Todes etwas sehr Wichtiges und nicht belangloses, oder? Eröffnungsbemerkungen All die verschiedenen Buddhas sind außergewöhnliche Menschen. Es gibt acht Realisierungen oder Qualitäten, deren sich diese außergewöhnlichen Menschen gewahr werden und deswegen werden sie als die acht Qualitäten eines großen Menschen bezeichnet. Sich dieser Dharmas bewusst zu werden, wird zur Ursache für (das Betreten von) Nirvana. Am Abend, als er ins Nirvana eintrat, war dies die letzte Lehre und das Testament unseres ersten Lehrers, Shakyamuni Buddha. Wenn wir nicht ständig tiefer in den Buddhadharma eintauchen, eine Schaufel nach der anderen, werden wir aus Brauch oder Gewohnheit nur noch dümmer oder seniler. Wie auch immer, das Ausgraben einer Schaufel ist keine leichte Aufgabe. 


Friedliches Leben

Friedliches Leben

Gedicht von Katagiri Roshi 1988

Wenn es heisst, es sei unmöglich

glaubt man verzweifelt: “Ist das so?”

Wenn es heisst, es sei möglich,

glaubt man begeistert: “Das ist richtig.”

Aber welche Wahl auch immer,

sie stimmt nicht mit dem Herzen nahtlos überein.

Gefragt:” Was genau stimmt nicht?”

weiss ich nicht, woran es liegt.

Mein Herz ahnt es.

Ich spüre ein unwiderstehliches Sehnen, es zu wissen.

Mensch”- welch ein Mysterium!

Was dieses Mysterium betrifft:

Klären,

wissen, wie leben,

wissen, wie mit Menschen Seite an Seite schreiten,

vorleben und lehren,

das ist Buddha.

Aus menschlicher Sicht spüre ich: Es ist in der Tat unmöglich ein Buddha zu werden.

Doch dieses “Ich”, betrachtend, was der Buddha tut,

gelobt zu praktizieren,

zu streben,

fest entschlossen sein,

und sagt mir: “Ja, ich werde.”

Einfach genau Hier, Jetzt, praktizieren

und Beständigkeit erlangen

endlos,

auf ewig.

Das bedeutet im Gelübde leben.

darin ist uns ein friedliches Leben begründet.

In seinem Kommentar zu diesem Gedicht, das von den vier edlen Wahrheiten handelt, schreibt Okumura Roshi:

Sogar während unserer Praxis müssen wir mit dieser Geisteshaltung des Auf und Ab umgehen. Manchmal sitzen wir in unseren Zazen und fühlen uns großartig; wir spüren, dass wir erleuchtet sind. Manchmal spüren wir, dass wir in der Hölle sind. Egal, ob so oder so, wir stehen die Situation einfach durch, für immer und ewig.

Das bedeutet Gelübde zu leben”, sagte Katagiri Roshi. Es bedeutet zu sitzen, bestrebt zu sein, anderen zu helfen und jeden Tag unseres Lebens mit anderen zu leben und zu arbeiten. Wenn wir Gelübde leben, gibt es im Bereich unserer Gefühle und Gedanken gute und schwierige Zeiten. Wie alle Menschen befinden wir uns noch in den sechs Bereichen – der hungrigen Geister, der Tiere, der kämpfenden Geister, der menschlichen Wesen und der himmlischen Wesen. Und doch können wir eine friedvolle Basis finden, eine Grundlage für unser Leben, die durch die menschliche Gefühlsebene nicht erschüttert werden kann. Das ist Gelübde, das ist die Wirklichkeit unseres Lebens.


Eröffnung Sanko-an

So! Eröffnet!”

Am 23.08. fand bei schönem Wetter die Eröffnung der Zenklause Sanko-an statt.

Obwohl recht abgelegen, kamen doch einige von weit her, wie Kyoku aus Hannover, oder Romeo und Roland aus Liechtenstein und Peter und Philipp aus Basel. Gefreut haben wir uns auch sehr darüber, dass Jean, Rosalie und Prisca vom Dojo Sierre/Siders teilnahmen.

Nach dem Zazen und dem Kampai ergaben sich schöne Gespräche. Wir alle waren uns einig, dass dies ein guter Start gewesen sei und wir wünschen uns, dass sich das Dharma weiter im Wallis etabliert.

In meiner kurzen Eröffnungsrede zitierte ich die erste Zeile aus einem Gedicht über das Wallis von R.M. Rilke, der unterhalb der Zenklause viele Jahre lebte:

Dieses Land ist masslos und sanft”

In Anlehnung an dieses Gedicht wünschte ich für das Sanko-an:

Die Praxis hier wird masslos und sanft”


Neuanfang des Sanko-an im Wallis

Nach dem Sanko-ji im Schwarzwald, wagen wir einen Neustart in Sanko-an im
Wallis. Dies wollen wir anders gestalten. Philipp und ich haben uns
zusammengesetzt, ausgetauscht und unsere Vision formuliert. Das Folgende
soll diese Gedanken wiedergeben.
 
In den letzten Jahren wurden Gyoriki und Sanko-ji mangels Helfer immer mehr
zum Dharma-Dienstleister. Sesshins wurden zu einem Angebot ähnlich wie im
Wellness- und Mental Health Dienstleistungsbereich. Es gab Veranstaltungen,
man konnte sich anmelden und teilnehmen, dann ging man wieder nach
Hause. Es wurde gekocht und die Zimmer sind vorbereitet. Hinterher wird
nachbereitet, gewaschen, etc.. Es gibt dafür einen Unkostenbeitrag und den
bezahlt man. Der Unkostenbeitrag war so niedrig, dass er die Fixkosten nie
ganz deckte. Verluste wurden durch Gyorikis Spenden und Samu
ausgeglichen.
 
Im Vorfeld investierten Gyoriki und Regula Zeit und Geld, um den Umbau einer
Scheune in einen Mehrzweckraum/Dojo zu finanzieren. Das Haus gehört
Regula, sie stellt es aber für die Zazen Praxis/Sesshin zur Verfügung.
Die komplette Tempelausrüstung wurde mit Spenden finanziert, v.a. mit Geld
des ehemaligen Zen Dojo Basel. Den Umzug des Tempel Equipment nach
Sanko-an finanzierte Gyoriki.
 
Mit dem Schritt zurück zu den Wurzeln zu kommen, entstand auch der
Wunsch, mit einem neuen “alten” Geist anzufangen. Wir möchten an den Geist
unserer Gründerväter anknüpfen. Kosho Uchiyama und Shohaku Okumura
berichteten, wie jeder etwas Reis oder Pickles zu den ersten Sesshins Kodo
Sawakis mitbrachte. Überschüsse aus den Spenden wurden insbesondere in
Kopien von Dharmatexten und zum Unterhalt des Tempels investiert.
 
Wir möchten folgende Veränderungen schaffen:
-Weg vom Dienstleister, hin zum Gemeinsamen.
-Weg vom Bezahlen, hin zum Spenden und Mitbringen; mit sich
einbringen und mitarbeiten.
 
Mit folgenden Leitsätzen formulieren wir das positiv im Sinne von, was wir
wollen und nicht was wir nicht wollen.
– Sangha: Wir sind eine Gemeinschaft (Sangha) und organisieren
Sesshins gemeinschaftlich und führen diese gemeinsam durch.
– Dhana:Wir machen das möglich mit freiwilligen Spenden:
Geld, Materialien, Nahrungsmittel, Meditationsbedarf und Zeit.
 
Das bedeutet:
-Keine fixe Teilnehmerbeiträge
-Die Spenden sollten die Fixkosten decken und eine Spende an
das Haus Sanko-an ermöglichen.
-Nahrungsmittel mitbringen, respektive den Einkauf organisieren
​- Gemeinsam Vorbereiten, Kochen
 
Nächste Schritte (erste Vorschlag):
 
Wie kaufen wir ein?
– Einkauf durch eine Person
-Volker stellt die Basis (Gewürze, …)
– alle bringen Snacks und Getränke für Zwischendurch
 
Wie kochen wir?
– Es gibt keinen Kühlschrank. Evtl. keinen Strom bei schlechtem
Wetter.
– Vereinfachter Menüplan: am Morgen Müesli, am Abend Instant
Suppe, Reis im Reiskocher, Pasta, …
 
Wer macht was?
– Liste was es zu tun gibt und wir tragen uns ein
Herbstsesshin
– Ist ein erster Test, wir wollen gleich so starten
 
Rückmeldungen erwünscht.

Zazengi

Zazengi (das elfte Kapitel des Shōbōgenzō von Dogen Zenji)

übersetzt von Gyoriki

 “Für Zazen ist ein stiller Ort geeignet. Breite eine dicke Sitzmatte aus. Vor Wind und Wetter geschützt, sollte kein Tau und Regen eindringen. Halte diesen Ort sauber und ordentlich. Es gibt Spuren aus früheren Zeiten, als auf Diamanten und Felsen gesessen wurde. Dabei saß man stets auf dick ausgebreitetem Gras. Der Ort zum Sitzen sollte hell sein, dunkel weder während des Tages noch in der Nacht. Dass er im Winter warm und im Sommer kühl ist, gehört zur Kunst dazu. Löse dich aus allen Bindungen, lasse die zehntausend Angelegenheiten ruhen. Denke nicht an gut und böse. Es geht weder um Geist noch um Bewusstsein, weder um Gedanken noch um Anschauungen. Versuche nicht einen Buddha aus dir zu machen, lass Sitzen und Liegen fallen. Halte Maß beim Essen und Trinken, nutze den Tag wie die Nacht. Übe Zazen so als wolltest du ein Feuer auf deinem Haupt auslöschen. Der fünfte Patriarch auf dem Berg Ôbai (Huang-mei) widmete sich Zazen als seiner einzigen Aufgabe, er kannte kein anderes Geschäft.

Trage das äußere Mönchsgewand (Kashāya) während Zazen und sitze auf einem Kissen. Lege das Kissen nicht unter das ganze Gesäß, sondern lass es zur Hälfte nach hinten herausragen. Auf diese Weise befindet sich die Matte unter den Füßen und das Kissen unter dem Rückgrat. Dies ist die Art und Weise, auf die die Buddhas und Patriarchen beim Zazen sitzen. Sitze entweder im halben Lotussitz oder im vollen Lotussitz. Beim vollen Lotussitz lege den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel und dann den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel. Die Fußspitzen liegen dabei in einer Linie mit dem Oberschenkel, sie sollten nicht darüber hinausragen. Beim halben Lotussitz lege einfach den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel. Trage das innere und äußere Gewand locker und ordentlich. Lege die rechte Hand auf den linken Fuß und die linke Hand auf die rechte Hand. Die Spitzen der beiden Daumen sind gegeneinander gestützt. Plaziere die beiden Hände auf diese Weise nahe am Körper. Die sich berührenden Daumenspitzen sollten dem Nabel gegenüber liegen.

Sitze gerade, in der richtigen Haltung. Sitze nicht nach links oder rechts ge krümmt, vornüber gebeugt oder zurückgelehnt. Ohren und Schultern sollten stets in einer Linie sein, während die Nase dem Nabel gegenüberliegt. Die Zunge sollte am Gaumen anliegen. Atme durch die Nase. Halte Lippen und Zähne geschlossen. Halte die Augen geöffnet, weder zu weit und noch zu schmal. Sind Körper und Geist auf diese Weise eingestimmt, dann atme einmal tief durch den Mund aus. Sitze reglos wie ein mächtiger Berg in Konzentration und denke auf dem Grund des Nicht-Denkens. Wie denkt man auf dem Grund des Nicht-Denkens? Lass die Gedanken los! Dies macht die Kunst des Zazen aus. Zazen bedeutet nicht, etwas von Meditation zu lernen – es ist das Tor des großen Friedens und Glücks der Lehre. Es ist unbeflecktes Üben und Erweisen.”


Die Beziehung zu anderen beenden

(homepage Sanshin-ji, von Gyoriki übersetzt)

„Anfangs ist es ganz natürlich, dass wir verstehen wollen, was geschrieben steht oder was der Lehrer sagt“, erklärte Okumura Roshi, „aber nach einer gewissen Zeit verliert es an Bedeutung. Wenn wir mit einem richtungsweisenden Geist praktizieren, werden wir irgendwann erkennen, dass unsere Praxis aufgrund dieses Wunsches, etwas zu erreichen, anders ist als das, was Uchiyama Roshi beschreibt.“

Tatsächlich ist ein Sesshin ein Raum, in dem wir uns nur sehr eingeschränkt auf andere verlassen können. Er demonstrierte dies selbst, indem er während des Zazen wie alle anderen zur Wand blickte. Dies wich von der üblichen Anordnung ab, bei der der Tempelleiter und einige andere Übungsleiter in den Raum blickten und die Praktizierenden beim Sitzen im Auge behielten. Da keine Autoritäten zusahen, mussten sie sich selbst entscheiden, die Haltung beizubehalten, die Augen offen zu halten, tief zu atmen und die Hand des Denkens zu öffnen. Wenn sie stattdessen schlafen, tagträumen, mit Wahnvorstellungen spielen oder Geschichten über sich selbst schreiben wollten, gab es niemanden, der sie davon abhielt. Es gab keine Wir-und-Sie-Beziehung, keine Subjekt-und-Objekt-Beziehung zwischen den Menschen im Zendo. Jeder war allein. In gewisser Weise erinnert dieser Stil an das buddhistische Indien, wo sich die Praktizierenden nicht in einem Sodo zum Üben versammelten, sondern in ihren eigenen Hütten oder Einsiedeleien saßen. Auch Sawaki Roshis Schüler, darunter Uchiyama Roshi, führten ihre Sesshin-Praxis fort, wenn er nicht da war, um sie im Auge zu behalten. Uchiyama Roshi spürte, dass sich die Qualität der Praxis veränderte und sie den Kontakt zu ihrem inneren Streben verloren, wenn sie von jemandem oder etwas anderem abhängig waren, das sie zum Aufwachen zwang.

„Uchiyama Roshis Vorstellung von Sesshin bestand darin, sich wirklich auf sich selbst zu konzentrieren, nur der Wand, sich selbst und dem Buddha zuzuwenden, ohne Ablenkung oder Beziehung zu der Person, die hinter ihnen ging, oder dem Lehrer, der sie beobachtete“, erinnerte sich Okumura Roshi.

Niemand hilft uns beim Aufwachen, also müssen wir uns anstrengen und uns selbst gegenübertreten. Niemand zwingt uns aufzuwachen oder uns hinzusetzen. Im Alltag definieren wir, wer wir sind und was wir in Bezug auf unsere Beziehungen zu anderen tun sollen, doch während des Sesshin gibt es keine anderen, daher sind wir von dieser Beziehung zwischen uns selbst und anderen befreit. Wenn wir befreit sind, haben wir die Verantwortung, allein zu sein und aufzuwachen. Wenn der Lehrer mit dem Gesicht zur Wand steht und nicht alle anderen beobachtet, gibt er sein eigenes Zazen nicht auf, nur um andere anzuleiten. Er steht nicht in einer solchen Beziehung zu ihnen. Ebenso haben Praktizierende keine Angst davor, von anderen beobachtet zu werden, und sie stehen nicht in einer Beziehung zu Beobachtern. Alle Praktizierenden, vom Lehrer bis zum Anfänger, kümmern sich um ihre eigene Praxis. Uchiyama Roshis Anweisung an die Sesshin-Teilnehmer lautete, sich unabhängig von anderen ihrer eigenen Praxis zu widmen. Andere bewerten einen nicht, und man selbst bewertet andere nicht. Man übt einfach allein zusammen. Diese Herangehensweise an Sesshin ist eine direkte Manifestation von Sawaki Roshis Verständnis von Dogens Lehren über Jijuyu Zammai, die Gesamtheit des Universums. Sawaki Rochi erklärte es so: „Zazen ist das Selbst, das sich selbst durch sich selbst tut.“ Im Zazen gibt es keine Trennung zwischen Selbst und anderen oder Subjekt und Objekt. Okumura Roshi sagte, dies sei ein wesentlicher Punkt dieser Art von Sesshin sowie unserer Zazen-Praxis insgesamt.

„Laut Uchiyama Roshi ist unser Leben als Ganzes von der Geburt bis zum Tod dasselbe: Das Selbst tut das Selbst für das Selbst mit dem Selbst. Unser gesamtes Leben, von der Geburt bis zum Tod, ist gewissermaßen eine einzige Zazen-Periode.“

Das Sesshin, vom ersten Glockenschlag am ersten Tag bis zur letzten Glocke am letzten Tag, als eine zusammenhängende Zazen-Periode zu betrachten, ist unbedingt notwendig, um zu verstehen, warum unsere unmittelbaren Vorfahren so von dieser ungewöhnlichen Form begeistert waren – und warum die Entscheidung, den Behälter zu zerbrechen, so hinderlich ist. Uchiyama Roshi wies darauf hin, dass diese Art von Sesshin durch zwei Dinge ungewöhnlich ist: Erstens wird überhaupt nicht gesprochen, und zweitens steht der Lehrer der Wand gegenüber. Diese beiden Elemente sollten es den Teilnehmern ermöglichen, das zu erleben, was er „das Selbst, das nur das Selbst ist“ (jiko giri no jiko) nannte. Dies ist das Selbst, das wir erkennen, wenn wir aus dem Tagtraum des „Ich“ erwachen. Sesshin hilft uns, diesem Selbst zu begegnen, indem es unsere Interaktionen und Beziehungen zu anderen minimiert und uns mit unserer Praxis allein lässt. Mit dem Gesicht zur Wand stehen wir nur uns selbst gegenüber. Wir haben keine andere Wahl, als zu erkennen, dass uns niemand zur Praxis zwingt und niemand unsere Praxis für uns übernehmen kann. Wenn wir das im Sesshin erkennen, können wir auch erkennen, dass wir stets unser eigenes Leben leben, unsere eigenen Entscheidungen treffen, Verantwortung für uns selbst übernehmen und auf unseren eigenen Beinen gehen müssen. Dies ist ein Aspekt des Selbst, der nur das Selbst ist. Der andere Aspekt ist der des Selbst, der alles umfasst. Es gibt nichts, das vom universellen Selbst getrennt ist.

Wie Okumura Roshi sagte: „Es gibt keine Interaktion mit anderen, aber dieses Selbst, das keine Interaktion mit anderen hat, umfasst alles in sich. Das eine ist das Selbst ohne Beziehung zu anderen, und das andere ist das Selbst, das alles umfasst.“

Während des Sesshin, wenn wir nicht in einer Welt agieren, die von unseren Beziehungen zu anderen bestimmt wird, kann unsere Selbstdefinition verschwinden. Ich bin kein Lehrer und du bist kein Schüler. Ich bin kein Senior und du bist kein junger Mensch. Ich bin kein Geistlicher und du bist kein Laie.Ich bin kein Amerikaner und du hast keine Nationalität. Es gibt kein Vergleichen, Kategorisieren und Trennen. Wenn wir keine Energie darauf verwenden müssen, den Schein zu wahren und die Fiktion von uns selbst aufrechtzuerhalten, selbst vor uns selbst, können wir in diesem Moment ruhen und einfach das Selbst sein, das nur das Selbst ist. Verschönerungen und Bilder sind nicht nötig. Wir leben unsere Praxis nicht dadurch, dass wir glauben, wir könnten unsere Oryoki-Schalen besser bewältigen als andere, sondern indem wir alle Vorstellungen von der Realität solcher Vergleiche fallen lassen.Genau das bedeutet es laut Okumura Roshi, über Subjekt und Objekt hinauszugehen. „Wenn wir einfach nur sitzen, ohne zu sprechen, ohne mit irgendetwas zu interagieren, spüren wir, wie wir uns vom Rest der Welt absondern und allein sind. Lehren die buddhistischen Lehren das? So zu leben? Nein. Wenn wir allein sitzen und wirklich für uns sind, ohne Trennung oder Interaktion mit anderen, entdecken wir in unserem Zazen, dass mit dem Verschwinden des Objekts auch das Subjekt verschwindet, weil das Subjekt in der Beziehung zu anderen erfasst wird. Mit dem Verschwinden des Objekts verschwindet auch das Subjekt.“ So ist das Selbst vollkommen allein, vollkommen vereint mit allen Wesen und funktioniert konventionell in der Gesellschaft.

Siehe auch Kapitel 4, „Alles, was dir begegnet, ist dein Leben“, in Uchiyama Roshis Buch „Wie du dein Leben kochst“.

Okumura Roshi über Selbstlosigkeit und Sesshin
 
Während des Sesshins verlässt sich jeder von uns auf andere, und andere Menschen unterstützen uns. Als Dharma-Lehrer verlasse ich mich auf die Anwesenheit anderer. Es ist sehr schwierig, allein Sesshin zu halten. Ich habe noch nie fünf Tage Sesshin allein gesessen. Ich habe es drei Tage lang gemacht, und glücklicherweise kam an einem dieser Tage jemand und setzte sich; das war eine große Erleichterung für mich. 14 Stunden am Tag allein zu sitzen ist sehr schwierig, egal wie viel Praxiserfahrung man hat. Wir sind wirklich auf andere angewiesen. Das heißt, wir können Sesshin nur halten, weil wir Unterstützung von anderen Menschen bekommen. Wenn wir diese Sangha jedoch als Einheit betrachten, dann gibt es keine Abhängigkeit, obwohl innerhalb der Abhängigkeit viele Wünsche bestehen. Das ist das Mitgefühl unserer Sangha. Dogen sagte: „Praxis nicht allein, praktiziere innerhalb der Sangha.“ Er empfahl nicht, ein Pratyekabuddha zu sein, ein Praktizierender, der allein in den tiefen Bergen lebt und praktiziert. Abhängigkeitslosigkeit, Abhängigkeitslosigkeit und Abhängigkeitslosigkeit sind stets miteinander verbunden.(Aus einem Vortrag vom 4. Mai 2025)
 
Das Selbst ohne Beziehung zu anderen erkennen  (Nicht-Abhängigkeit), was alles einschließt (Verbundenheit) von Tomon o’Connor

Wenn wir die obige Aussage zum ersten Mal lesen, reagieren wir vielleicht, dass es keinen Sinn ergibt, zu behaupten, wir könnten ohne Beziehung zu anderen und gleichzeitig miteinander verbunden sein. Um zu verstehen, wie dies geschehen kann, ist es hilfreich, einen Moment darüber nachzudenken, was wir mit dem Wort „Selbst“ meinen. Das Selbst, das ich allgemein erkenne, ist in erster Linie ein Reaktionsmechanismus, der in ständiger Beziehung zum jeweiligen Moment steht, sei es die Meinung anderer über mich, mein eng gefasstes Selbstbild, meine konzeptionellen Formulierungen oder die Anforderungen meiner physischen Umgebung. Was wir gemeinhin „Ich“ nennen, ist ein Bündel von Reflexionen und stets abhängig von etwas anderem für seine momentane Existenz. Kodo Sawaki Roshi hingegen spricht vom „Selbst, das nur das Selbst ist“ oder vom „Selbst, das das Selbst selbst macht“. Dieses „Selbst, das nur das Selbst ist“ ist unser fundamentales Selbst, das entsteht, wenn wir die Beziehungen auflösen, durch die wir üblicherweise ein „Selbst“ erschaffen. Das „Selbst, das das Selbst selbst macht“ ist dasselbe fundamentale Selbst, das sich selbst erschafft, ohne von irgendetwas anderem abhängig zu sein. Doch wie entsteht dadurch ein Selbst, das alles umfasst? Die Antwort ist, dass die Beziehungen unseres alltäglichen Selbst zu anderen Ballast erzeugen, der sich wie eine Mauer auftürmt und eine Verbindung mit der größeren Welt der Verbundenheit verhindert. Entfernt man diese Barrieren, erscheint das Selbst der gegenseitigen Abhängigkeit, das alles umfasst. Durch unsere Praxis des Shikantaza erkennen wir dieses vernetzte Selbst. Wir sitzen mit dem Gesicht zur Mauer, die uns nichts bietet, worauf wir uns verlassen können, und öffnen die Hand des Denkens, um unsere Abhängigkeit von mentalen Konstruktionen zu lösen. Während wir einfach nur sitzen, öffnen wir uns allmählich auf neue Weise für unsere Umgebung und spüren, wie die Membran des Denkens und der Abhängigkeit von anderen allmählich dünner wird, sodass wir uns als integraler Bestandteil des Ganzen und mit allem verbunden fühlen. Deshalb wird Shikantaza manchmal als der Ort bezeichnet, an dem wir uns zu Hause fühlen.

 
 

Hindernisse auf dem Weg

 

1. Viele Lehrer/Meister/Gurus betonen: Zazen machen reicht! ….einfach alles vorbeiziehen lassen, hier und jetzt! …Vergangenes/Negatives vergessen, stattdessen im Jetzt leben,…. und so weiter. Oft passiert dem braven Zenadepten folglich das, was Prof. Akira Ishii im Folgenden beschreibt: “Viele Menschen, die in ein Meditationszentrum kommen, um dort die Gegenwart zu erleben, haben etwas, das sie vergessen möchten – auch wenn sie das manchmal selbst nicht bemerken.Sie bemühen sich auf das Hier und Jetzt konzentriert zu sein, um sich nicht mit dieser Angelegenheit zu konfrontieren. Die Ursache dafür ist oft, dass man sein Problem nur von einer einseitigen Sichtweise aus ansieht und nicht gelernt hat, es von verschiedenen Seiten her zu betrachten. Dann kann man das vergangene Geschehene nicht aktzeptieren. Um es zu akzeptieren braucht man Naikan. Wenn man Naikan macht, dann konfrontiert man sich direkt mit dem Geschehen. Insofern ist es harte Arbeit. Wenn man aber mutig das Geschehen als Realität akzeptiert hat, dann wird man davon frei. Naikan machen heisst, sich von den Verflechtungen der Vergangenheit zu befreien und das gegenwärtige Selbst völlig zu akzeptieren. Wenn man das geschafft hat, dann hat man sich von den selbst geschaffenen Verflechtungen befreit und kann wirklich im Hier und Jetzt leben. Wenn man sich nur bemüht im Hier und Jetzt zu sein, ohne sich von der Vergangenheit befreit zu haben, dann ist man auf eine sehr eingeschränkte Art in der Gegenwart. Wenn man dagegen von der Vergangenheit befreit ist, dann kann man die Gegenwart voll geniessen, das gute Essen oder die Musik. Wenn man nicht befreit ist, dann bemüht man sich nur, das Hier und Jetzt wahrzunehmen, ohne wirklich zu erfahren, was das ist. Eine andere Gefahr dieser Haltung ist übrigens, dass man alles ohne Überlegung macht. Man macht alles nur aus dem “Hier und Jetzt” und verstrickt sich dadurch immer tiefer in die Verflechtungen der Vergangenheit.”

2. Ein weiteres ist, dass wir uns zu leicht von der Praxis ablenken lassen. Eingefügeltes Zensprichwort, das mein Lehrer Missen Michel Bovay oft benutzte, lautet: Es gibt tausend Hindernisse um zu praktizieren, aber keinen Grund nicht zu praktizieren. Unser Alltag ist in der Regel dicht getaktet, erkennen Sie an, dass sie keine Zeit zur Praxis haben, also müssen Sie sie erschaffen, also morgens z.B. eine Stunde früher aufstehen oder auf ein Sesshin fahren. Sie müssen auch nicht in Topform sein, um Zazen zu praktizieren, gerade wenn sie kränkeln oder in der Krise sind, ist es hilfreich Shikantaza oder Naikan zu machen.

3. Seien sie misstrauisch gegenüber sogenannten “Meistern”, lassen Sie sich von Ihnen nicht überreden etwas zu tun, was Ihnen nicht entspricht, glauben Sie Ihnen nicht. Ganz gemäss der letzten Unterweisung Buddhas – Nehmt Zuflucht zu euch selbst, zu eurem Gesetz. Nehmt zu niemanden Anderen Zuflucht – vertrauen Sie jedoch in erster Linie tief der täglichen Praxis und den Verdiensten des Zazen.

4. Viele Lehrer mit ihren Schülern geraten oft sehr schnell ohne böse Absicht in ein paar Fallen, die sektenähnliche Strukturen, Mission, wirtschaftliche Interessen, Meister-/Gurugedöns zur Folge haben. Die Gründe liegen sowohl auf Seiten des sog. Meisters als auch beim sog. Schüler.

  • Lehrer: Viele Lehrer sind sehr vertraut mit dem Zen, ihre Praxis, ihrer Methode, haben sehr viel gegeben, wissen sehr viel, sind erleuchtet und erwachtet, haben Charisma. Doch sie haben sich und ihre Bedürfnisse nicht selbst geklärt, ihe Schattenseiten das Unterbewusste nicht angeschaut oder ihre Ausbildung zu früh für beendet erklärt. Deshalb sollte jeder Lehrer, Therapeut, Meister zum Beispiel Naikan gemacht haben, um eine ganze, erwachsene Person (Buddha) zu werden, die fähig ist Schüler anzuleiten, ohne sich in Beziehungen verstricken, ohne unterschwellige Ziele aus den Bereichen Wirtschaft, Macht, Anerkennung zu verfolgen. Es geschieht das was Chögyam Trungpa Rinpoche als “spiritueller Materialismus” bezeichnet hat. Jeder Lehrer/Therapeut/ Meister sollte daraufhin volle Verantwortung für Geschehnisse in seiner Sangha übernehmen. Der Lehrer sollte die Rolle eines Bergführes übernehmen, nicht mehr – den besten Weg auf den Gipfel zeigen, vor Irrwegen und Gefahren warnen.
  • Schüler: Viele Schüler suchen sich einen Lehrer und geben aus welchen Gründen auch immer sämtliche Verantwortung an den Lehrer/Meister/Therapeut ab. Ausserdem aus Gründen des o.g. spirituellen Materialismus verfolgen sie ähnliche, unbewusste Ziele wie der “Chef”, sonnen sich im Rampenlicht des grossen und besten Meisters, der reinen Lehre, geben sich selbst für die Ziele des Gurus auf und vergessen dabei wie hinderlich dieses eigentlich kindliche Verhalten für ihre eigene spirituelle Entwicklung ist. Auch der Schüler muss selbst seinen Weg gehen, das Unbewusste, die Schattenseiten gnadenlos anschauen, ansonsten schlägt dieser Part immer wieder im Leben des Schülers gnadenlos zu. Und oft kommt es nach Jahren treuer “Hundedienste” zum bösen Erwachen. Stattdessen sollte der Schüler “Erwachsen werden”.
  • Um Sektenähnliche Strukturen zu vermeiden sollten Lehrer und Schüler aufeinander aufpassen, – es darf keine Tabus geben über die man reden kann – und unbedingt sich selber von allen Seiten überprüft haben und selbst geklärt haben, inklusive ihre oft unbewussten, tiefer liegenden Bedürfnisse und folglich z.B. Naikan gemacht haben. Hilfreich sind folgende Medien: Der Film “Guru”, Die Klassiker  “Gierige Institutionen” von Lewis A. Cosen und “Spirituelle Materialismus” von C. Trungpa und diese Homepage.

5. Der Missbrauchskandal hat sich von der christlichen Kirche längst auf die buddhistischen Meister auch des Zen ausgeweitet. Gehen sie auf entsprechende websites wie twitter#metooguru,  die Missbrauch von Lehrern öffentlich gemacht haben. Falls sie Betroffener sind, legen sie Zeugnis im Sinne von “bearing witness”  ab. Es ist wichtig solche Fälle öffentlich zu machen, um die “Täter” zu motivieren ihre Schattenseiten anzuschauen und sich nicht hinter Priester/Lehrer/ Gurustatus und ihren Sekten/Institutionen/Rollen zu verstecken. Es gibt keinen dharmischen Grund oder Rechtfertigung für solches Handeln. Wer so etwas tut kann kein Dharma-Lehrer sein! Als ich diese gerade schrieb, kamen mir selber erfahrene sexuelle Übergriffe in den Sinn.

6. Seien sie ehrlich gegenüber sich selber: Warum praktiziere ich? Überprüfen sie ihre Praxis? Verwechseln sie den Schatz der Sangha nicht mit Familie, Verein, etc.. Überlegen sie sich, ob sie nicht bevor sie sich auf einen spirituellen Weg begeben, eine Therapie machen sollten und/oder Naikan, etc..